Es
macht Sinn, sich die Longlist der diesjährigen Nominierten für den
im Jahre 2005 mit großen Ambitionen als mögliche deutsche Variante
des renommierten Booker-Preises des Commonwealth ins Leben gerufenen,
aber bisher weit hinter diesem ehrgeizigen Anspruch zurückgebliebenen
Deutschen Buchpreis zumindest oberflächlich anzuschauen, weil
sich an dieser in diesem Jahr durchaus gelungenen und nicht nur
kommerziellen Gesichtspunkten Genüge tragenden Auswahl von zwanzig
aktuellen deutschsprachigen Romanen exemplarisch die aktuelle Krise
des deutschen Buchhandels und Verlagswesens ablesen lässt.
Mirko
Bonné: Nie mehr Nacht
(Schöffling & Co., August 2013)
Ralph
Dutli: Soutines letzte Fahrt (Wallstein, März 2013)
Thomas
Glavinic: Das größere Wunder (Hanser, August 2013)
Norbert
Gstrein: Eine Ahnung vom Anfang (Hanser, Mai 2013)
Reinhard Jirgl: Nichts von
euch auf Erden (Hanser, Februar 2013)
Die
vergangenen zehn Jahre waren im Sortimentsbuchhandel wie im
Verlagswesen gleichermaßen stark (und darüber hinaus: mehrdenn je
zuvor) geprägt von großen expandierenden Konzernen, die mit
nachlassendem Erfolg bis heute die populäre, weitgehend
unwidersprochene Auffassung vertreten, dass wirtschaftliches Wachstum
sich auch in einem vergleichbar unbedeutenden, wie kaum ein anderer
von den zahlreichen Unwägbarkeiten des individuellen künstlerischen
Outputs abhängigen Wirtschaftszweig auch bei einem „ökonomischeren“
das heißt geringeren kreativen und finanziellen Einsatz sicher und
verlässlich planen und ausrechnen lässt.
Daniel
Kehlmann: F (Rowohlt, September 2013)
Judith
Kuckart: Wünsche (DuMont, März 2013)
Olaf
Kühl: Der wahre Sohn (Rowohlt.Berlin, September 2013)
Dagmar
Leupold: Unter der Hand (Jung und Jung, Juli 2013)
Jonas Lüscher: Frühling der
Barbaren (C. H. Beck, Januar 2013)
Große
Verlage oder Verlagskonzerne, die besonders vor zehn Jahren noch die
wirtschaftlichen Mittel dazu gehabt hätten, neue begabte und
interessante Autoren mittels eines hochentwickelten Lektorats- und
Scoutingsystems neu zu entdecken oder wenigstens in Übersetzung für
den deutschen Markt zu erschließen, haben im krisenhaften Verlauf
der letzten Jahre in viel zu starkem Maße auf bereits „erprobte“,
vermeintlich ausrechenbare Bestseller aus dem amerikanischen oder
britischen Buchmarkt gesetzt und können heute im wesentlichen nur
noch – wenn auch auf hohem Niveau – als etablierte Hausverlage
bereits allgemein anerkannter, durch Vertrag oder Neigung an sie
gebundene Autoren reüssieren.
Clemens
Meyer: Im Stein (S. Fischer, August 2013)
Joachim
Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war
(Kiepenheuer & Witsch, Februar 2013)
Terézia
Mora: Das Ungeheuer (Luchterhand, September 2013)
Marion
Poschmann: Die Sonnenposition (Suhrkamp, August 2013)
Thomas Stangl: Regeln des
Tanzes (Droschl, September 2013)
Die
sich durch diese Nachlässigkeit bietende Chance haben die (sehr oft,
aber nicht immer kleinen) unabhängigen Verlage genutzt, deren
vorrangiger Anspruch es schon immer war, mit Mut und Überzeugung vor
allem neue unbekannte deutschsprachige Autoren zu entdecken und zu
fördern, was sich nicht nur an der erstmals von ihnen geradezu
dominierten Longlist des Deutschen Buchpreises 2013 ablesen lässt.
Auch wenn zu befürchten ist, dass die für September zu erwartende
Shortlist-Nominierung der sechs endgültig um den Preis
konkurrierenden Romane der bisherigen Tradition folgend weitaus
weniger illuster und mutig ausfallen wird, ist die Wahl der
diesjährigen Juroren ein alles andere als willkürliches Anzeichen
einer wohltuenden Entwicklung auf dem deutschen Buchmarkt und eine
Belohnung für gute verlegerische Arbeit.
Die Jury 2013/Foto: Harald Schröder |
Jens
Steiner: Carambole (Dörlemann, August 2013)
Uwe
Timm: Vogelweide (Kiepenheuer & Witsch, August 2013)
Nellja
Veremej: Berlin liegt im Osten (Jung und Jung, Februar 2013)
Urs
Widmer: Reise an den Rand des Universums (Diogenes, August
2013)
Monika
Zeiner: Die Ordnung der Sterne über Como (Blumenbar, März
2013)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.